Interpellation: Poststellen (Antwort)

Geschätzte Frau Grossrats-Präsidentin, Werte Damen und Herren Regierungsräte

Liebe Kantonsrats-Kolleginnen und –Kollegen

Es freut mich, dass im 6. Anlauf diese Interpellation heute doch noch den Weg in den Rat findet – fast befürchtete ich schon, dass es keine Poststellen mehr gibt im TG, bevor wir hier überhaupt über die Post und Poststellen sprechen können!

Spass beiseite: Die Post ist nicht irgendeine Institution – analog der SBB oder der SRG ist die Post im Staatsbesitz und hat somit als Eigentümer nicht nur den Bund (zu ertragen, bin ich versucht zu sagen!), sondern gehört sämtlichen Bürgerinnen und Bürger der Schweiz. Die Post selber beschreibt sich in ihrem Leitbild unter anderem mit ….die Post ist nah bei den Menschen und eine zuverlässige Partnerin in unserem Alltag!

Nach all den Geschehnissen der kürzlichen Vergangenheit, angereichert noch mit dem unseligen Gebahren der Postauto AG  (einer 100% Tochter der Post), muss die Frage erlaubt sein: Ist sie das wirklich noch?

Ich möchte hiermit vorab dem Regierungsrat für die Beantwortung meiner gestellten Fragen und seinem Engagement in Sachen Post danken. Trotzdem werde ich „DISKUSSION“ beantragen, damit wir den Verantwortlichen der Post zum einen, den betroffenen Bürgerinnen und Bürgern zum anderen zeigen, dass es uns als gewählten Politikern nicht einfach egal ist, wie sich im TG das Poststellen-Netz entwickelt. Wir wollen auch gehört werden, wenn heute offen über die im TG immer weniger werdenden Poststellen und deren Auswirkungen gesprochen wird.

Ich danke Ihnen allen im voraus für die Unterstützung meines Antrages zur Diskussion!

Die Post hat es nicht einfach – auch mir als Politiker und Oekonom ist das klar. So muss sie den Verfassungsauftrag erfüllen, (Zitat):„eine ausreichende und preiswerte Versorgung mit Post- und Zahlungsverkehrsdienstleistungen in allen Landesgegenden sicherzustellen.“ Dieser Grundversorgungsauftrag soll die dafür geschaffene Institution, die Post also, eigenwirtschaftlich erbringen. Das bedeutet: Keine zusätzliche Abgeltung für den Grundauftrag, sondern sie muss erwirtschaften, was sie zur Erfüllung des Grundauftrages braucht. Soweit so gut. Die Post verfügt  dafür aber auch über NICHT zu unterschätzende Instrumente:

  • Sie hat auf nicht wenige Dienstleistungen immer noch ein Restmonopol
  • Sie darf weitere, teils für den Betrachter etwas kunterbunt anfühlende „zusätzliche Marktleistungen“ anbieten. (das sieht man in den Poststellen!)

Die Post verlangt dafür, dass möglichst wenig regulatorische und politische Bedingungen auf sie fallen und die Post auf veränderte Marktbedingungen im Sinne der Kostenneutralität sofort und auch einschränkend reagieren darf. Ohne dass die Politik da eingreift und sich (wie es jetzt auch wir für den Thurgau reklamieren) sich schützend vor ihre Bürgerinnen  und Bürger stellt, damit deren Grundversorgungs-Sicherstellung mit einem Poststellennetz verbunden wird, welches diesen Namen auch verdient.

Der Druck auf die Post ist sicherlich gross; wenn sich das Postmanagment bei der Reduktion von Poststellen aber mehr und mehr aufführt wie angelsächsische Investment-Banker, dann läuten selbst bei einem wirtschaftsorientierten Volksvertreter wie mir die Alarmglocken. Warum?

Optimierungen an veränderte Rahmenbedingungen wird es immer geben; wenn das optimieren aber in ein „maximieren“ mündet, dann beginnt es gesamt-volkswirtschaftlich nicht mehr positiv zu wirken, sondern das Gegenteil ist der Fall. Man fällt plötzlich auf  die (ich sage: falsche!) Optimierungs-Seite. Der Kanton Thurgau mit seinen rund 80 Gemeinden hat überdurchschnittlich viele Poststellen bereits verloren – nicht mal mehr in jeder zweiten Gemeinde hat es heute eine Post.

Dank des Eingreifens des Regierungsrates sollen neu nicht 16, sondern nur noch 12 Poststellen nochmals überprüft werden! Dass damit einem immer grösseren Teil der Bevölkerung ein immer längerer Weg zur nächsten Poststelle zugemutet wird, scheint dieser egal. Dass aber damit auch dem Gewerbe und den TGer Unternehmen Nachteile und Zusatzaufwände aufgebürdet werden, kümmert die Post ebenfalls wenig. Mir (und zum Glück auch dem Regierungsrat!) ist das aber nicht  einfach egal.

Die Motion von CVP-Nationalrat Christian Lohr auf Bundesebene zur Aenderung der Postverordnung zielt für mich in die richtige Richtung;  die Grundversorgung der Bevölkerung hat dabei oberste Priorität. Natürlich ist eine Poststelle noch kein Garant für volkswirtschaftliches Gedeihen; aber wenn ein Staatsbetrieb so nonchalant den Begriff „Zumutbarkeit“ ausdehnt wie einen besonders grossen Kaugummi, gibt mir das schon zu denken. Die Frage, wer für Wen denn da zu sein hat, ist damit doch fast schon Makulatur. Es ist mit allem Nachdruck unsere Regierung zu unterstützen, dass kein zusätzlicher (übrigens, unnötiger!) Verkehr in die Zentren fliesst, natürlich genau zu jenen Zeiten am Morgen und/oder am Abend, in denen es die kantonalen Zentren und die Gewerbebetriebe ohnehin am wenigsten brauchen können.

Der Vermerk der Post auf die in den letzten Jahren immer zahlreicheren Postagenturen, welche vor allem in den örtlichen Volg-Läden untergebracht wurden, ist sicher eine bessere Alternative, als die diskutierten Poststellen gleich ersatzlos zu streichen. Vor allem die längeren Oeffnungszeiten sind ein absolut positives Merkmal solcher Ersatzlösungen für postalische Zwecke.

Aber, ich kann Ihnen allen nur empfehlen, sich das Gebahren auf so einer Postagentur mal live vor Ort anzusehen. So gut es die Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter auch meinen, es ist (oft) alles andere als optimal für den oder die Kunden. Und vom anspruchsvollen PostKunden will ich schon gar nicht sprechen – denn wenn ich beispielsweise bei der Abgabe von 5 Paketen mit dreien davon dann doch (noch) ins Zentrum fahren muss, weil diese über 2,5 Kilogramm sind, wenn ich maximal 25, wenn es ganz gut kommt 50 A- oder B-Post-Marken auf einmal erhalte (und wen ich mehr brauche auch wieder in die nächste Poststelle verwiesen werde), oder wenn ich einen eingeschriebenen Brief aufgeben möchte, dieser aber an einen Empfänger in der eigenen Gemeinde gehen soll und somit die Diskretion neben den Salat- und Yoqurt-einkaufenden Kundinnen und Kunden absolut nicht gewährleistet ist, ja dann kann die alles glückselig redende Postagentur eben nicht nur positiv punkten. Dass man auch nicht immer Bargeld (trotz vorhandenem Postcheck-Konto) bekommt, daran hat man sich ebenfalls zu gewöhnen und Spezialsendungen, die nimmt man auf der Agentur schon gar nicht an. Diese Aufzählung ist übrigens nicht abschliessend!

Und dann? Was machen die Kunden dann, was ist die logische Folge davon? Sie kommen nicht mehr auf die Postagentur und/oder gehen gleich von Beginn weg in ein postalisches Zentrum, das aber weiter weg liegt! Mit den ganzen negativen Begleitaspekten. Sie denken jetzt allenfalls, ich übertreibe oder habe mir einfach die falsche Postagentur ausgesucht. Dann lesen Sie mal den K-Tipp vom 1. November 2017. Zitat daraus: Viele Postagenturen bieten einen schlechten Service – beim K-Tipp – Besuch waren nur 2 von Total 16 Agenturen „befriedigend“. Ein weiterer Kommentar dazu meinerseits erübrigt sich!

Ich möchte zuguterletzt dem Regierungsrat nochmals für seine Antwort danken und fühle aus seinen Worten die teilweise Ohnmacht, die auch ihn bei dieser „Poststellen-Frage“ immer wieder begleitet. Ich möchte den Regierungsrat aber auffordern, nicht nachzulassen bei seinen Bemühungen für ein funktionierendes und breit genug gefasstes TG Poststellennetz. Wenn nötig soll er auch mal laut und undiplomatisch die Postgewaltigen anpacken und den TGer Löwen, den wir an der OLMA so liebgewonnen haben, auch mal knurrend und murrend raus zu lassen. Der Beifall der Bevölkerung und des Gewerbes wird ihm sicher sein!

Danke für Ihre Aufmerksamkeit herzlich.

Pbu 7.11.2017/6.12.2017/20.12.17/10.1.18/24.1.18/14.2.2018